UNDOK-Anlaufstelle fordert Gleiche Rechte für alle ArbeitnehmerInnen!

UNDOK-Anlaufstelle_Politische Forderungen

Migra­tions- und Beschäf­ti­gungs­ge­setze verwehren oder beschränken Migran­tInnen den Zugang zum Arbeits­markt. Dadurch werden Menschen in Schein­selbst­stän­dig­keit und undo­ku­men­tierte Arbeit gedrängt. Arbeit­ge­be­rInnen nutzen diese Situa­tion häufig aus und betreiben Lohn- und Sozi­al­dum­ping. Die Anlauf­stelle zur gewerk­schaft­li­chen Unter­stüt­zung undo­ku­men­tiert Arbei­tender (UNDOK) fordert daher Gleiche Rechte für alle ArbeitnehmerInnen.

Die gesamten Poli­ti­schen Forde­rungen der UNDOK-Anlauf­stelle gibt es zum Down­load. Klicken Sie bitte auf das Bild.

Hier finden Sie die Engli­sche Version.

POLITISCHE FORDERUNGEN

Wien, am 07.09.2015

Überblick

Präambel: Gleiche Rechte für alle ArbeitnehmerInnen
1. Wer recht­mäßig in Öster­reich lebt, soll Zugang zum Arbeits­markt haben
2. Erleich­te­rung der Nach­weis­bar­keit von Arbeits­ver­hält­nissen – Beweislastumkehr
3. Gleich­stel­lung von arbeits­recht­liche Verfalls­fristen – Ausdeh­nung der Verfalls­frist für arbeits­recht­liche Ansprüche auf drei Jahre
4. Gesi­cherter Aufent­halt während arbeits­recht­li­chen Verfahren
5. Umset­zung des Rechts auf Partei­en­stel­lung für Arbeit­neh­me­rInnen, für die eine Beschäf­ti­gungs­be­wil­li­gung bean­tragt wird
6. Abschaf­fung der Bestra­fung von undo­ku­men­tiert Arbei­tenden bei Nicht­ein­hal­tung von gesetz­li­chen Pflichten durch ArbeitgeberInnen

Präambel: Gleiche Rechte für alle ArbeitnehmerInnen

Migra­tions- und Beschäf­ti­gungs­ge­setze verwehren oder beschränken Migran­tInnen den Zugang zum Arbeits­markt. Zum aktu­ellen Zeit­punkt gibt es in Öster­reich 28 verschie­dene Aufent­halts­be­rech­ti­gungen, die in den meisten Fällen mit einem beschränkten oder keinem Arbeits­markt­zu­gang verbunden sind. Die Bera­tungs­praxis der Anlauf­stelle zur gewerk­schaft­li­chen Unter­stüt­zung undo­ku­men­tiert Arbei­tender (UNDOK) zeigt, dass Migran­tInnen dadurch in die infor­mellen Sektoren des Arbeits­markts sowie die Schein­selbst­stän­dig­keit gedrängt werden und daher auf undo­ku­men­tierte Arbeit ange­wiesen sind.
Undo­ku­men­tierte Arbeit­neh­me­rInnen werden von Arbeit­ge­be­rInnen um den Lohn betrogen. Es werden keine kollek­tiv­ver­trag­li­chen Mindest­löhne bezahlt, sie müssen exzes­sive Arbeits­zeiten in Kauf nehmen, Arbeit­ge­be­rInnen halten weder Arbeits­zeit- noch Arbeit­neh­me­rIn­nen­schutz­stan­dards ein, es kommt auch zu sexu­ellen und anderen körper­li­chen Über­griffen. Unter­nehmen und Arbeit­ge­be­rInnen betreiben Lohn- und Sozi­al­dum­ping, indem sie Kollek­tiv­ver­träge unter­wan­dern und das Sozi­al­system sukzes­sive aushöhlen.

1. Wer rechtmäßig in Österreich lebt, soll Zugang zum Arbeitsmarkt haben

Die Diskri­mi­nie­rung beim Zugang zum Arbeits­markt führt zur Über­aus­beu­tung von undo­ku­men­tierten Arbeit­neh­me­rInnen und in Folge auch zu einer Schwä­chung der Posi­tion aller Arbeit­neh­me­rInnen. Sie ist einer der wesent­li­chen Gründe für die Auswei­tung von Schein­selbst­stän­dig­keit und die Ungleich­be­hand­lung von Migran­tInnen in der Arbeits­welt. Die Bera­tungs­praxis der UNDOK-Anlauf­stelle unter­streicht, dass es hier vor allem eine umfas­sende Verein­fa­chung braucht.
Daher fordern wir:

  • Mit Ertei­lung einer Aufent­halts­be­rech­ti­gung für Öster­reich muss auto­ma­tisch ein unein­ge­schränkter Zugang zum Arbeits­markt einhergehen;
  • Sofor­tige Aufhe­bung des Bartenstein-Erlasses;
  • Unein­ge­schränkter Arbeits­markt­zu­gang für Asyl­wer­be­rInnen nach längs­tens 3 Monaten Wartezeit;
  • Ziel muss es sein, unab­hängig vom Aufent­halts­status menschen­wür­dige Beschäf­ti­gungs­formen herzustellen.

2. Erleichterung der Nachweisbarkeit von Arbeitsverhältnissen – Beweislastumkehr

Um den Nach­weis über ein bestehendes Dienst­ver­hältnis erbringen zu können, benö­tigen Arbeit­neh­me­rInnen in Erman­ge­lung schrift­li­cher Dienst­ver­träge und ordnungs­ge­mäßer Lohn­un­ter­lagen u.a. hand­schrift­liche Arbeits­zeit­auf­zeich­nungen, Infor­ma­tionen über das betref­fende Unter­nehmen bzw. den/die Arbeit­ge­berIn, Beweise, wie etwa Fotos, SMS mit Dienst­an­wei­sungen und Namen von ZeugInnen. Für undo­ku­men­tierte Kolle­gInnen ist es oftmals wesent­lich schwie­riger diese Beweis­mittel beizu­schaffen, da sie auf Grund ihrer hohen Ausbeut­bar­keit und beson­deren Erpress­bar­keit zusätz­lich unter Druck stehen. Vor dem Hinter­grund unserer Bera­tungs­praxis wissen wir, dass es daher gerade für undo­ku­men­tierte Arbeit­neh­me­rInnen doppelt schwierig ist, ihr Dienst­ver­hältnis nachzuweisen.
Wir fordern daher analog zum Anti-Diskri­mie­rungs- und Kündi­gungs­an­fech­tungs­recht eine Beweis­last­um­kehr. Das bedeutet, sofern Arbeit­neh­me­rInnen glaub­haft machen können, dass sie bei einem/r bestimmten Arbeit­ge­berIn gear­beitet haben, muss diese/r Arbeit­ge­berIn das Gegen­teil beweisen, andern­falls gilt das Dienst­ver­hältnis als angenommen.

3. Gleichstellung von arbeitsrechtliche Verfallsfristen – Ausdehnung der Verfallsfrist für arbeitsrechtliche Ansprüche auf drei Jahre

In vielen Bran­chen, in denen undo­ku­men­tiert gear­beitet wird, gibt es sehr kurze Verfalls­fristen. Häufig verfallen arbeits­recht­liche Ansprüche bereits nach drei Monaten und bevor die Betrof­fenen diese geltend machen können. Insbe­son­dere während eines aufrechten Dienst­ver­hält­nisses ist die Geltend­ma­chung offener Ansprüche oft nicht zumutbar und mit hohen Risiken gerade für undok­men­tiert Arbei­tende verbunden. Kurze Verfalls­fristen betreffen Arbeit­neh­me­rInnen unab­hängig davon, ob sie mit oder ohne Papiere arbeiten. Aus unserer Bera­tungs­praxis haben sich kurze Verfalls­fristen, vor allem in Nied­rig­lohn­bran­chen, als ein großes Problem heraus­ge­stellt, da die Beschäf­tigten dadurch viel Geld verlieren, das ihnen eigent­lich zustünde.
Analog zur Forde­rung der Arbei­ter­kam­mern fordern wir die Abschaf­fung von Verfalls­fristen von unter drei Jahren. Damit käme die im ABGB fest­ge­setzte drei­jäh­rige Verjäh­rungs­frist zum Tragen. Darüber hinaus soll die Frist frühes­tens nach Been­di­gung des Arbeits­ver­hält­nisses zu laufen beginnen.

4. Gesicherter Aufenthalt während arbeitsrechtlichen Verfahren

Um arbeits- und sozi­al­recht­liche Ansprüche geltend machen zu können, müssen undo­ku­men­tiert Arbei­tende eine persön­liche Aussage bei der zustän­digen Gebiets­kran­ken­kasse (Nieder­schrift) oder bei Gericht machen. Aufgrund der beson­deren Erpress­bar­keit dieser Arbeit­neh­me­rInnen ange­sichts ihrer aufent­halts­recht­lich unsi­cheren Situa­tion, stellt dies jedoch für viele undo­ku­men­tierten Arbeit­neh­me­rInnen eine immense Hürde dar. Laut der EU-Sank­tio­nen­richt­linie müssen Dritt­staats­an­ge­hö­rige, die von Arbeit­ge­be­rInnen ausge­beutet werden, die Möglich­keit erhalten, ihre arbeits­recht­li­chen Ansprüche einfor­dern zu können.
Unsere Bera­tungs­praxis zeigt, dass diese Verpflich­tung jedoch in Öster­reich nach wie vor nicht umge­setzt ist. Wir fordern daher mindes­tens für die Dauer eines arbeits und/oder sozi­al­recht­li­chen Verfah­rens einen Aufent­halts­ti­tels für die Betrof­fenen und deren Angehörige.

5. Umsetzung des Rechts auf Parteienstellung für ArbeitnehmerInnen, für die eine Beschäftigungsbewilligung beantragt wird

Ein Arbeit­nehmer oder eine Arbeit­neh­merin, deren Arbeit­ge­berIn einen Antrag auf Beschäf­ti­gungs­be­wil­li­gung für ihn/sie stellen muss, hat laut Auslän­der­be­schäf­ti­gungs­ge­setz (AuslBG) keine Partei­en­stel­lung im Verfahren um Ausstel­lung der Beschäftigungsbewilligung.
Unsere Bera­tungs­praxis zeigt, dass dies immer wieder zu Problemen führt. Für betrof­fene Arbeit­neh­me­rInnen bedeutet dies oftmals ein fehlendes Wissen über ihren recht­li­chen Status am Arbeits­markt. Die Folge ist, dass Arbeit­neh­me­rInnen gege­be­nen­falls undo­ku­men­tiert arbeiten, ohne es jedoch zu wissen, oder in Extrem­fällen sogar aufgrund Vorspie­ge­lung falscher Tatsa­chen durch Arbeit­ge­be­rInnen, davon ausgehen, dass eine Beschäf­ti­gungs­be­wil­li­gung erteilt wurde.
Wir fordern daher die Umset­zung des Rechts auf Partei­en­stel­lung gemäß der Judikatur
des Euro­päi­schen Gerichts­hofs für Menschen­rechte (EGMR).

6. Abschaffung der Bestrafung von undokumentiert Arbeitenden bei Nichteinhaltung von gesetzlichen Pflichten durch ArbeitgeberInnen

Arbeit­neh­me­rInnen dürfen nicht für die Nicht­ein­hal­tung von gesetz­li­chen Pflichten ihrer Arbeit­ge­be­rInnen bestraft werden. Das AMS erteilt keine Beschäf­ti­gungs­be­wil­li­gung für Arbeit­neh­me­rInnen, deren frühere Arbeit­ge­be­rInnen die Einho­lung einer solchen unter­lassen haben, wodurch die betrof­fenen Arbeit­neh­me­rInnen mehr­fach undo­ku­men­tiert gear­beitet haben. So etwa im Falle mehr­ma­liger An- und Abmel­dung bei der Gebiets­kran­ken­kasse, wenn die Arbeit­ge­be­rInnen keine Beschäf­ti­gungs­be­wil­li­gung für den/die Arbeitnehmer/in bean­tragt hat. Oftmals wissen Arbeit­neh­me­rInnen darüber selbst nicht Bescheid. Es ist drin­gend erfor­der­lich, diesen Miss­stand zu beheben.

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