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Was ist „undokumentierte Arbeit“?

Migra­tions- und Beschäf­ti­gungs­ge­setze verwehren oder beschränken Migrant*innen den Zugang zum Arbeits­markt. Dadurch werden Menschen in infor­melle Sektoren gedrängt. Wir spre­chen dabei von undo­ku­men­tierter Arbeit. Undo­ku­men­tiert kann vieles bedeuten: Kolleg*innen arbeiten undo­ku­men­tiert, wenn sie über keine Aufent­halts- und/oder Arbeits­pa­piere verfügen. Auch Kolleg*innen, die sehr wohl Aufent­halts­pa­piere, jedoch keine entspre­chenden Arbeits­pa­piere besitzen, müssen oft undo­ku­men­tiert arbeiten, etwa Studie­rende aus Dritt­staaten, Asylwerber*innen, EU-Bürger*innen ohne freien Zugang zum Arbeits­markt, oder wenn Arbeitgeber*nnen Arbeits­be­wil­li­gungen nicht bean­tragen.

Auch Arbeitnehmer*innen, die einen Aufent­halts­status und einen (beschränkten) Zugang zum Arbeits­markt haben, sehen sich unter Umständen dazu gezwungen (auch) undo­ku­men­tiert zu arbeiten, z. B. Menschen mit Beschäf­ti­gungs­be­wil­li­gung, Saisonarbeiter*innen, Pendler*innen, Grenzgänger*innen. Die häufigen Ände­rungen im Frem­den­recht konfron­tieren Migrant*innen zusätz­lich mit Unsi­cher­heiten, die regu­lären Arbeits­ver­hält­nissen im Weg stehen.

Zahl­reiche Studien belegen typi­sche Merk­male von undo­ku­men­tierter Arbeit. Dazu zählen:

  • extrem lange Arbeits­zeiten (12 Stunden und länger bei 6 bis 7 Tage die Woche)
  • Löhne weit unter dem kollek­tiv­ver­trag­li­chen Niveau (Stun­den­löhne zwischen 1 Euro in Privat­haus­halten und 12 Euro im Baugewerbe)
  • kaum den Schutz­stan­dards entspre­chende Arbeits­be­din­gungen (hohes Unfall­ri­siko, massive körper­liche und psychi­sche Belastungen) 
  • ein hohes Maß an unter­neh­me­ri­scher Willkür wie Lohn­be­trug, Kündi­gung im Fall von Krank­heit, Unfall oder Alter sowie sexu­elle und körper­liche Übergriffe

Warum sprechen wir von „un(ter)dokumentierter Arbeit“?

Der Begriff „un(ter)dokumentierte Arbeit“ hat sich mitt­ler­weile in der Sozi­al­for­schung und auch in poli­ti­schen Debatten durch­ge­setzt, weil er im Gegen­satz zu „Schwarz­ar­beit“ oder „ille­galer Arbeit“ neutraler ist. Gleich­zeitig werden jene Migra­tions- und Arbeits­markt­ge­setze ins Zentrum gerückt, die Arbeitnehmer*innen den legalen Zugang zum Arbeits­markt verwehren und sie dadurch in die infor­mellen Sektoren des Arbeits­markts drängen.

Warum arbeiten Menschen undokumentiert, also ohne Aufenthalts- und/oder Arbeitspapiere oder mit unzureichenden Arbeitspapieren?

Migra­tions- und Beschäf­ti­gungs­ge­setze verwehren oder beschränken den regu­lären Zugang zum Arbeits­markt. Dadurch werden Menschen in infor­melle Sektoren gedrängt. Auch die häufigen Ände­rungen im Frem­den­recht haben Auswir­kungen auf Aufent­halts­status bzw. Arbeits­markt­zu­gang und konfron­tieren Migrant*innen häufig mit zusätz­li­chen Unsi­cher­heiten, die regu­lären Arbeits­ver­hält­nissen im Weg stehen.

Haben undokumentiert Arbeitende überhaupt Rechte?

Ja! Unab­hängig davon, ob mit oder ohne Papiere: Sozi­al­ver­si­che­rungs­ge­setze, Arbeits­recht und kollek­tiv­ver­trag­liche Mindest­stan­dards gelten für alle Arbeitnehmer*innen. Viele Betrof­fene kennen ihre Rechte jedoch nicht. Dies spielt Arbeitgeber*innen in die Hände. Ihre Rechte einzu­for­dern und durch­zu­setzen stellt undo­ku­men­tierte Kolleg*innen häufig vor eine große Heraus­for­de­rung, zumal dies aufent­halts­recht­liche Risiken mit sich bringen kann. Oftmals ist es eine Frage der Stra­tegie und des Timings. Es gilt Fragen zu klären wie:

  • Wird der*die Arbeitgeber*in zum ersten Mal aufge­for­dert, ausste­hende Löhne zu bezahlen?
  • Ist der*die Arbeitgeber*in der Auffor­de­rung nicht nach­ge­kommen, und steht nun der Gang vor das Arbeits- und Sozi­al­ge­richt an?
  • Wann steht die nächste Verlän­ge­rung der Aufent­halts­pa­piere der*des undo­ku­men­tiert arbei­tenden Kolleg*in an? Muss eine Zweck­än­de­rung bean­tragt werden?
  • Entsteht ein aufent­halts­recht­li­ches Risiko, wenn Ansprüche einge­klagt werden?
  • Sind weitere Kolleg*innen betroffen?

Warum ist es wichtig, undokumentiert Arbeitende zu unterstützen?

Die soziale und recht­liche Diskri­mi­nie­rung undo­ku­men­tiert Arbei­tender macht diese erpressbar und über­aus­beutbar. Arbeitgeber*innen unter­laufen damit sozial- und kollek­tiv­ver­trag­liche Stan­dards, was letzt­lich eine Verschlech­te­rung der Arbeits­be­din­gungen und eine Schwä­chung der Posi­tion aller Beschäf­tigten bedeutet.
Mit dem Lohn- und Sozi­al­dum­ping­be­kämp­fungs-Gesetz exis­tiert in Öster­reich zwar ein wich­tiges Instru­ment zur Bekämp­fung betrü­ge­ri­scher Prak­tiken am Arbeits­markt. Ergän­zend dazu ist jedoch die direkte Unter­stüt­zung der von Arbeits­aus­beu­tung Betrof­fenen notwendig.